Praktikum: Alles, was du wissen musst

annie-spratt-61561-unsplash.jpg

Tipps für gelungene Praktika – (fast) ohne kaffeekochen

Foto: unsplash.com/Annie Spratt

Praktikum: Alles, was du wissen musst

Die einen sind ganz scharf auf erste Berufserfahrung und Business-Networking. Den anderen graut es vor mieser Bezahlung und tranigen Aufgaben. Damit dein Praktikum zum Karrieresprungbrett wird  – und du dort nicht nur mit dem Kopierer und der Kaffeemaschine netzwerkst – geben wir dir die wichtigsten Infos zum Praktikum auf einen Blick.

 

Was bringt ein Praktikum? 

Studium und Beruf sind zwei Paar Stiefel. Daher ist ein Praktikum bei vielen Universitäten fester Bestandteil der Hochschulausbildung. Bevor die Uni ihre Studenten aus den heimeligen Seminarräumen in die Realität der Wirtschaft entlässt, soll der Studiosus sozusagen schon einmal eine Zehe ins Wasser der Berufstätigkeit halten. Um danach zu wissen, ob es sich lohnt, in diesen Teich – diese Branche, dieses Unternehmen – einzutauchen.

Ein Praktikum gibt dir die Möglichkeit, deine Fähigkeiten und Interessen auszutesten, Neues zu lernen – vielleicht indem du ein spannendes Projekt übernimmst? – und kann dir im besten Fall sogar die Tür zum späteren Einstieg in das Unternehmen oder die Branche öffnen. Leider erleben das nicht alle Studenten so. In Online-Foren häufen sich Beschwerden über endlose Telefondienste, stupide „copy-und-paste“-Aufgaben und desinteressierte Vorgesetzte. Als billige Vollzeitkraft würde man unter lästigen Aufgaben begraben, die sonst keiner machen wolle, klagen die Praktikanten.

Doch statt in Panik zu verfallen, solltest du kurz durchatmen. Gut so. Denn ob dein Praktikum ein Erfolg wird, hast du zum Großteil selbst in der Hand. Der Schlüssel ist eine gute Vorbereitung. 

 

Arten von Praktika: Pflicht oder Kür? 

Das Pflichtpraktikum

Sieht deine Studienordnung ein Praxissemester vor, dann ist das Pflichtpraktikum für dich zwingende Vorleistung für den Studienabschluss. Die Dauer wird in deiner Studienordnung festgelegt, den Leistungsnachweis bildet in der Regel ein schriftlicher Praktikumsbericht, in dem du erklärst, welche Forschungs-und Arbeitsfelder du kennengelernt, welche studienrelevanten Tätigkeiten du ausgeübt hast und welche Fähigkeiten du dir aneignen konntest. Es liegt also in deinem Sinne, dir einen Praktikumsplatz zu suchen, auf dem du nicht nur den Mahlgrad der bolivianischen Kaffeebohnen in der Firmencafeteria studierst, sondern tatsächlich fachrelevante Aufgaben erledigst. Nur wenn dein Praktikum die Kriterien in deiner Prüfungsordnung erfüllt, kannst du es auch als Leistung einbringen.

Übrigens: Wer vor dem Studium in einem fachbezogenen Bereich gearbeitet hat – etwa vor dem Wirtschaftsstudium eine Ausbildung im Bankwesen absolviert hat –, kann sich dies oft als Pflichtpraktikum anerkennen lassen.

Sozialversicherungspflicht

  • Sozialversicherungsfrei, solange du zum Zeitpunkt des Praktikums an einer ordentlichen Hochschule immatrikuliert und das Praktikum fester Bestandteil der Studien- und Prüfungsordnung ist.

  • Bist du in der Krankenkasse familienversichert, darfst du nicht mehr als 425 Euro/Monat verdienen. Falls doch, musst du dich zum Studententarif selbst versichern.

BAföG-Anspruch

  • Dein Praktikumsgehalt wird auf den BAföG-Bedarf angerechnet.

Vergütung

  • Keine gesetzlich geregelte Vergütung. Ein Lohn wird allerdings bei vielen Unternehmen nach Ermessen bezahlt.

 

Das freiwillige Praktikum

Ein freiwilliges Praktikum dient zur persönlichen Berufsorientierung und wird gerne in den Semesterferien absolviert. Bevor du die Augen verdrehst und dich fragst, warum du deine Freizeit für mehr oder weniger mies bezahlte Arbeit opfern solltest, hier die Antwort: Weil ein Praktikum deinen Lebenslauf aufwertet. Ganz einfach. Du signalisierst zukünftigen Arbeitgebern damit deine Einsatzbereitschaft. Du findest im besten Fall heraus, welche Tätigkeiten dir Spaß machen. Und du kannst wertvolle Arbeitserfahrung sammeln, was dir bei der späteren Jobauswahl und -suche helfen wird.

Achtung: Um einen realistischen Einblick in die Arbeitsprozesse eines Unternehmens zu bekommen, sollte das Praktikum mindestens vier Wochen dauern.

Sozialversicherungspflicht

  • Freiwillige Praktika sind sozialversicherungsfrei, solange du weniger als 450 Euro/Monat verdienst. Auch von der Rentenversicherungspflicht kannst du dich in diesem Fall befreien lassen.

  • Beiträge zur Krankenversicherung musst du selbst zahlen. Bist du familienversichert, gilt die Grenze von 425 Euro/Monat.

BAföG-Anspruch

  • Absolvierst du dein freiwilliges Praktikum in den Semesterferien, bleibt dein BAföG-Anspruch unberührt.

  • Nimmst du dafür ein Urlaubssemester, hast du keinen BAFöG-Anspruch. 

Vergütung

  • Mindestlohn (8,84 Euro/Stunde, Stand 2017), sofern das Praktikum die drei Monate überschreitet. Unter drei Monaten ist die Vergütung Ermessenssache des Praktikumsgebers.

Wichtig: Wie lang dein Praktikum dauert, zu welchem Zeitpunkt deines Studiums du es absolvierst und wie alt du zum Zeitpunkt des Praktikums bist, spielt bei der Sozialversicherung eine Rolle! Informiere dich also rechtzeitig bei deiner Krankenkasse.

 

Das richtige Praktikum finden: Auswahl & Bewerbung

Ob dein Praktikum ein durchschlagender Erfolg wird, hängt maßgeblich davon ab, ob du dir dafür das richtige Unternehmen ausgesucht hast. Und das bedeutet: Richtig für dich! Eine Branche, die dich interessiert, ein Aufgabenspektrum, in das du gerne hineinschnuppern willst, möglicherweise in einer Stadt, die dich fasziniert. Nimm nicht den erstbesten Praktikumsplatz, nur weil du eben ein Praktikum machen musst, sondern informiere dich gezielt über verschiedene Unternehmen, deren Angebotsspektren, deren Unternehmenskultur. Erste Hinweise geben dir deren Websites. Wie präsentieren sich die Firmen nach außen? Wie beschreiben sie sich auf den firmeneigenen Karriereseiten? Im Anschluss kannst du Arbeitgeberbewertungsportale wie Kununu oder Glassdoor zu Rate ziehen. Hier erzählen ehemalige Angestellte von ihren Erfahrungen. Im Idealfall bekommst du einen ersten authentischen Eindruck davon, wie die Unternehmen wirklich „ticken“.

Und, ganz wichtig: Such dir dein Praktikum nach deinen Interessen aus und nicht nach dem Gehalt. Denn das variiert zwar je nach Unternehmen und Branche (tendenziell zahlt eine Unternehmensberatung mehr als etwa eine Medienagentur). Doch viel wichtiger ist die Möglichkeit, bei einem Praktikum deine Leidenschaft zu finden. Und das ist mit Geld kaum aufzuwiegen. Bevor du dich auf ein Praktikum bewirbst, frage dich ganz ehrlich: Was erwarte ich von einem Praktikum? Was will ich lernen? Welches Arbeitsumfeld täte mir gut? Jemand, der kreativ und flexibel arbeiten will, ist in einer kleinen Agentur womöglich besser aufgehoben als in einem Großkonzern. Ebenso wird jemand, der Struktur liebt, in einem chaotischen Startup nicht unbedingt glücklich. Berücksichtige bei einer Bewerbung deine Interessen und persönlichen Fähigkeiten und argumentiere in deinem Bewerbungsschreiben, warum du gerade in dieses oder jenes Unternehmen möchtest – und wie du dort einen Beitrag leisten willst.

 

Praktikum machen: rechte & pflichten

Rocken darfst du das Praktikum – allerdings nicht durch Überstunden. Dein Praktikumsvertrag, der die wichtigste Rechtsgrundlage für dein Praktikum bildet, regelt deine wöchentliche Arbeitszeit. Meist sind das 40 Stunden. Nach acht Stunden am Tag kannst du dich also guten Gewissens in den Feierabend verabschieden – auch wenn deine emsigen Kollegen die Finger noch bis Mitternacht auf der Tastatur glühen lassen. Während eines freiwilligen Praktikums stehen dir außerdem mindestens zwei Werktage pro Monat an Urlaub zu. Fällst du krankheitsbedingt aus, hast du Anspruch auf Entgeltfortzahlung. Beides gilt nicht, wenn du ein Pflichtpraktikum absolvierst, da dein Praktikum nach Auffassung des Bundesarbeitsgerichts als Hochschulausbildungsveranstaltung gilt.

Hast du dein Praktikum erfolgreich abgeschlossen, steht dir ein qualifizierendes Praktikumszeugnis zu, das die Art des Praktikums, Dauer, Ausbildungsziel und deine erlangten beruflichen Kenntnisse enthält. Für ein differenziertes Bild von dir als Arbeitnehmer solltest du zusätzlich auf eine Bewertung deiner Leistungen und deines Verhaltens bestehen. So qualifizierst du dich sicher für den nächsten Praktikumsplatz – oder den ersten richtigen Job.

 

Wenn das praktikum nicht passt: dauer & Kündigung

Solltest du wider Erwarten feststellen, dass dein Praktikum – nun ja –  ein Griff ins Klo war, hast du zwei Möglichkeiten.

Nr. 1: Rede mit deinem Vorgesetzten! Dein Arbeitgeber hat die Pflicht, dich über den vereinbarten Praktikumszeitraum hinweg auszubilden. Anders gesagt: Du hast ein Recht darauf, etwas in deinem Praktikum zu lernen. Den Kopierer zu bedienen und Briefe einzutüten, gehört nicht dazu. Erkläre deinem Chef höflich aber bestimmt, dass dich deine derzeitigen Tätigkeiten unterfordern und du gerne deine Fähigkeiten zum Wohle des Unternehmens einsetzen willst. Schlage ihm ein konkretes Projekt vor, um das du dich kümmern möchtest und erläutere dessen Mehrwert für das Unternehmen. So machst du deinem Chef die Entscheidung leicht – und in der Regel wird er dein Engagement zu schätzen wissen.

Nr. 2: Verbessert sich deine Situation nicht, kannst du deinen Praktikumsvertrag mangels zielführender Ausbildung beenden. Am einfachsten funktioniert das während der  Probezeit, in der du keine Kündigungsfristen einhalten musst. Ist die verstrichen, musst du nach Kündigung noch vier Wochen in deinem Praktikum ausharren. Bevor du jedoch diesen Schritt bei einem Pflichtpraktikum gehst, solltest du unbedingt Rücksprache mit deinem Studiengangsleiter halten und ihm die Situation schildern. Kläre, ob du das Praktikum zu einem späteren Zeitpunkt nachholen kannst – im schlimmsten Fall fehlt dir sonst eine wichtige Studienleistung.