Warum das Motivationsschreiben in die Tonne gehört

Bye-bye, Lobhudelei!

Foto: Steve Johnson/unsplash

Das Motivationsschreiben als Teil der Bewerbung ist nicht mehr up to date und gehört abgeschafft, findet unser Kolumnist. Zumal sich eine emotionale Sache wie Motivation auch kaum auf ein DIN-A4-Blatt quetschen lässt.

In einer Zeit, in der die fortschrittlichsten Technologien uns in Echtzeit vernetzen, unser Essen liefern und uns sogar dabei helfen, unsere Wohnungen zu putzen, klammern sich einige Institutionen und Unternehmen noch immer an etwas, das so zeitgemäß erscheint wie ein Diskettenlaufwerk in einem MacBook Pro: das Motivationsschreiben.

Zunächst einmal: Wie viele brillante Köpfe wurden wohl schon im Vorfeld ausgesiebt, weil sich ihre Genialität nicht in ein 500-Wörter-Format pressen ließ? Es ist eine Kunstform, die nicht jedem liegt. Während einige in der Lage sind, sich als die nächste Inkarnation von Steve Jobs zu verkaufen, kämpfen andere damit, ihre Fähigkeiten und Leidenschaften in Worte zu fassen.

Dann ist da noch die Frage der Authentizität. Wie oft wurde schon betont, dass ein Motivationsschreiben „persönlich und einzigartig“ sein muss, nur damit am Ende alle Schreiben verdächtig gleich klingen? „Seit ich denken kann, wollte ich in Unternehmen XY arbeiten“. Oder: „Ich bin team- und lernfähig. Meine einzige Schwäche ist der Perfektionismus.“ Dazu noch ein paar zusammengegoogelte Fakten zum Unternehmen – und fertig ist das Meer aus austauschbaren Phrasen und übertriebenen Lobhudeleien, in dem die echte Persönlichkeit der Bewerberin oder des Bewerbers untergeht.

Die ironische Wahrheit ist, dass die meisten Motivationsschreiben kaum die Motivation der Schreibenden widerspiegeln. Sie sind vielmehr ein Spiegelbild dessen, was wir glauben, dass der andere hören möchte. Ein verzweifelter Versuch, in die Köpfe der Personalverantwortlichen einzudringen.

Zu denken, Bewerber:innen müssten sich anbiedern und auf Knien ankriechen – diese Zeiten sind ohnehin vorbei. Der Arbeitsmarkt befindet sich im Wandel. Und die Generation Z hat wenig Lust auf Bürokratie. Immer mehr Unternehmen – darunter Adidas, BMW, Henkel oder die Deutsche Bahn – erkennen das und vereinfachen ihre Bewerbungsprozesse. Lebenslauf und Zeugnisse hochladen, fertig. Wie motiviert jemand ist, zeigt dann das persönliche Gespräch.

Oder aber die Online-Aktivitäten. In einer Zeit, in der unsere digitale Präsenz oft mehr über uns aussagt als jeder Lebenslauf, warum nicht die sozialen Netzwerke als eine Art lebendiges Motivationsschreiben betrachten? Posts, Interaktionen, geteilte Inhalte – all das kann einen viel tieferen Einblick in Persönlichkeit und Fähigkeiten bieten als jedes noch so aufgemotzte Schreiben. Also ab mit dem Motivationsschreiben ins Museum der veralteten Dinge. Dort, wo schon Telegramm Faxgerät und Schreibmaschine warten.