Volker Bruch im Interview

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„Rassismus ist heute so gefährlich wie vor 80 Jahren

Foto: Joachim Gern

Volker Bruch im Interview

In der wunderbaren Serie „Babylon Berlin“ – gerade läuft die dritte Staffel in der ARD – verkörpert Volker Bruch den vielschichtigen Kommissar Gereon Rath. Jenseits von Filmsets engagiert sich der Schauspieler für das Recht und die Würde von Geflüchteten.

Herr Bruch, was fasziniert Sie an „Babylon Berlin“ ganz besonders?

Das Wertvollste an dieser Serie ist die Zeit, die ich mit dem Team verbringen darf. Es gibt nichts, dass so sehr verbindet, wie die gemeinsame Arbeit an etwas, von dem man nicht weiß, wohin es einen trägt. Diese geteilte Leidenschaft ist so erfüllend, dass ich das noch ewig machen könnte.

Weltwirtschaftskrise und eine erstarkende politisch Rechte: Die Serie spielt Ende der 20er Jahren und damit in einer hochbrisanten Zeit. Können wir daraus etwas für die Gegenwart lernen?

Wenn man sich die Geschichte ansieht, wirkt es nicht so, als hätte der Mensch aus seinen Fehlern gelernt. Trotzdem bleibt die Hoffnung, dass sich Geschichte ja nie ein zu eins wiederholt. Also müssen wir wachsam bleiben und gut zueinander sein.

Auch in der dritten Staffel von  „Babylon Berlin“ gehen Gereon Rath (Volker Bruch) und Charlotte Ritter (Liv Lisa Fries) wieder zusammen auf Verbrecherjagd. (c) Frédéric Batier/X Filme

Auch in der dritten Staffel von „Babylon Berlin“ gehen Gereon Rath (Volker Bruch) und Charlotte Ritter (Liv Lisa Fries) wieder zusammen auf Verbrecherjagd. (c) Frédéric Batier/X Filme

Sie selbst haben kürzlich die Initiative „Los für Lesbos“ ins Leben gerufen, bei der Prominente persönliche Gegenstände für die Flüchtlingshilfe verlosen. Was hat Sie dazu bewogen?

Mir kam es einfach so vor, dass ich, wenn ich jetzt nichts dazu sage, sehr wohl eine sehr starke Aussage treffe. Diese Ungerechtigkeit schreit dermaßen zum Himmel, dass ich das Gefühl hatte, ich mache mich mitschuldig, wenn ich das nicht benenne. Gerade jetzt, mit den ersten starken Regengüssen, sehen wir, dass das neue Lager noch schlimmer ist als Moria. Das heißt, wir müssen wieder ran. „Los für Lesbos 2“ ist schon in Planung.

Das Schicksal der Geflüchteten ist für uns oft weit weg. Man sieht TV-Berichte – und das war’s. Haben Sie persönliche Berührungspunkte mit diesem Thema?

Mein Freund und Schauspielkollege Trystan Pütter war gerade auf Lesbos und was er erzählt, ist markerschütternd. Die Geflüchteten in meinem Freundeskreis sind hingegen so gut integriert, dass das Thema über sie sehr abstrakt bleibt. Weil sie einfach Freunde sind, keine Geflüchteten. Das ist auch der fundamentale Grundgedanke: Es gibt nicht „die“ und „wir“. Einzig und allein die Lebensumstände machen diesen vermeintlichen Unterschied. Viele von uns haben Eltern, Großeltern oder Urgroßeltern, die einmal auf der Flucht waren. Und nur weil nicht wir es sind, die da in diesen Lagern auf eine bessere Zukunft hoffen, heißt das nicht, dass das nichts mit uns zu tun hätte. Der Unterschied zwischen „wir“ und „die“ ist erstens Zufall und zweitens rassistisch. Und Rassismus ist heute so gefährlich wie vor 80 Jahren.

Ihren Abschluss haben Sie am Max-Reinhardt-Seminar in Wien gemacht. Welche Erinnerungen haben Sie an Ihre Zeit als Student?

Es war eine Zeit voller Möglichkeiten, eine Mischung aus Größenwahn und Demut. Am laufenden Band sind die unglaublichsten Dinge passiert und dabei sind Freundschaften fürs Leben entstanden.  Wir haben viel experimentiert, gemeinsam gefeiert, getanzt, gelebt und gemeinsam in den Abgrund geschaut. Das wird uns für immer verbinden.