Bloggerin Livia Kerp im Interview

„Der einzige Rohstoff Deutsch-lands sind die Köpfe von uns jungen Menschen“

Foto: Benedict Müller

Bloggerin Livia Kerp im Interview

Livia Kerp (19) ist Autorin des Buchs „How to Politik“ und betreibt einen eigenen Blog. Seit sie 13 ist, interviewt sie dort Politiker wie Cem Özdemir oder Christian Lindner und schreibt über Themen, die vor allem die junge Generation betreffen.

Livia, du und die Politik, wie ist das entstanden?

Es war der September 2015 am Münchner Hauptbahnhof. Ich wollte mit meinen Eltern damals eigentlich nur eine Abkürzung gehen. Wir kamen aber nicht weit. Weil genau zu diesem Zeitpunkt Tausende Flüchtlinge aus Syrien ankamen. Nur mit Plastiktüten bepackt und Hoffnung in den Augen. Für mich war es damals als 13-Jährige einfach nur überfordernd. Das hat mir gezeigt, dass die Welt nicht rosarot, sondern voller Probleme ist. Das war der Auslöser, über Politik nachzudenken und bei Politiker:innen nachzufragen. Und so hat sich mein Blog inhaltlich langsam verändert.

Welche Themen bewegen dich aktuell besonders? 

Bundespolitisch wird es in den nächsten Wochen und Monaten richtig spannend. Das Wahlvotum von uns jungen Menschen ist ziemlich eindeutig und ich werde da ganz genau hinschauen, wie die Parteien dies beherzigen. Vor allem gehe ich davon aus, dass bei einer Ampelkoalition das Wahlrecht ab 16 nur noch Formsache ist. Auf Landesebene muss noch viel mehr in der Bildungspolitik passieren. Es fängt an mit Bildungsgerechtigkeit und hört mit Digitalisierung auf. Ich würde mir wünschen, dass wir jungen Menschen da viel mehr zusammenhalten und viel mehr Druck aufbauen. In welcher Form auch immer.

Dein Abi musstest du mitten in der Pandemie schreiben. Wie hast du das erlebt?

Der digitale Unterricht war bescheiden und die digitalen Plattformen viel zu unausgereift. Ob Schüler:innen oder Student:innen – ich hatte den Eindruck, dass unsere Lobby einfach viel zu klein ist. Manchmal denke ich, dass gar keine vorhanden ist. Wir hatten in der Krise keine Priorität. Und die Rechnung dafür wird sehr teuer werden. Der einzigen Rohstoff Deutschlands sind doch die Köpfe von uns jungen Menschen. Und diesen Rohstoff so zu vernachlässigen, ist für mich katastrophal. Natürlich hatten wir noch nie eine Pandemie. Aber die Probleme gibt es ja nicht erst seitdem. Sie wurden einfach nur sichtbarer.

Wer sich als junger Mensch engagieren möchte: Wie und wo macht man das am besten?

Das muss jeder für sich selbst entscheiden. Ich selbst war nie ein Typ, der auf die Straße geht und mit Plakaten seine Meinung äußert. Daher war ich auch noch nie auf einer Freitags-Demo von FFF. Ich habe mich entschieden, darüber zu schreiben und mit Politiker:innen zu reden. Alle Möglichkeiten, sich zu engagieren, finden sich auch in meinem Buch. Was ich allgemein aber immens wichtig finde, ist, dass mehr junge Menschen in die Politik gehen.

Du vielleicht?

Das lasse ich eher auf mich zukommen. Momentan mache ich ein Praktikum bei MünchenTV. Ich kann mir sehr gut vorstellen, danach dort ein Volontariat zu machen oder auch zu studieren. Und ja, vielleicht gehe ich auch mal in die Politik.