Tüfteln, basteln, erfinden: Zwei Wege, eine Mission
Cornelius Paul hat in Prenzlau ein Unternehmen gegründet, das Solardachziegel herstellt. Sebastian Tenkamp wiederum hat sich im Studium breit aufgestellt und arbeitet heute in der Produktionsperformance bei Thyssenkrupp. Beide eint ihre Neugier und ihr Innovationsgeist.
Intern wird er auch schon einmal Daniel Düsentrieb genannt – und tatsächlich hat Cornelius Paul einige Gemeinsamkeiten mit dem Erfinder aus Entenhausen. Der 51-Jährige ist Gründer und CTO der Autarq GmbH, einem Unternehmen aus Prenzlau in Brandenburg, das Tondachziegeln zu Solardachziegeln veredelt. Dafür hat er mit seinem Team Mini-Photovoltaik-Module konstruiert, mit denen sich die Dächer von Häusern komplett eindecken lassen. „Dinge einfach möglich machen“, beschreibt er, was ihn antreibt – und er tüftelt bis heute gerne daran, sein Produkt noch besser zu machen.
Dinge ausprobiert hat Cornelius Paul schon als Kind gerne. „Ich bin auf dem Land aufgewachsen und habe da schon immer viel mit den Händen gemacht, gebastelt, gefummelt und getüftelt“, sagt er. In den 1980er- und 1990er-Jahren entdeckte der Jugendliche die Liebe zum Funken, mischte in der deutschen Morsemeisterschaft mit und bastelte an kleinen, leistungsstarken Antennen. Sein Hobby war es, bei Funk-Wettkämpfen von abgeschiedenen Orten aus möglichst viele Länder der Welt zu erreichen. „Dafür brauchte ich eine Ausstattung, die sich gut transportieren ließ, aber zugleich eine hohe Leistung hatte“, sagt er. Und die stellte er selbst her.
Die Kraft der Sonne einfangen
Von der Amateurfunk-Community ging es über ein Elektrotechnikstudium an der Fernuniversität Hagen bis in die Hallen großer Konzerne: Anderthalb Jahre lang arbeitete Cornelius Paul bei Philips Medical in der Forschung und Entwicklung. Dort entwickelte er Hochspannungsnetzteile für Röntgengeräte. Doch ihm war die Arbeit im Großkonzern zu träge.
In die Solarbranche fand er den Weg zunächst als Vertriebsingenieur, später dann als Pionier. „Ich habe zunächst ein Unternehmen mit aufgebaut, das in ganz Europa tätig war“, sagt er. Das Team bildeten rund 20 Mitarbeitende aus zehn Ländern. „Ich habe mich dort manchmal wie ein kleiner UN-Botschafter gefühlt und sehr viel darüber gelernt, Menschen miteinander zu vernetzen.“
Der Elektroingenieur hatte aber eigene Pläne: Die Kraft der Sonne einfangen, ohne dass dies auf den Dächern sofort sichtbar ist. „Ich bin ein glühender Verfechter der Ästhetik“, sagt er. „Die Nutzung der Sonnenkraft begeistert mich, doch herkömmliche Solarmodule auf Dächern? Die verschönern das Bild nicht gerade.“ Die Herausforderung, Solarmodule auf Bestandsdächern zu montieren, verstärkte seinen Wunsch, eine Innovation zu schaffen. So keimte die Idee für Solardachziegel, die sich nahtlos in die Dachlandschaft einfügen.
Anfangs regnete es noch durchs Dach
2012 war es dann so weit: Der Tüftler gründete mit Autarq sein eigenes Unternehmen. Anfangs in einer Garage, dann zog das Unternehmen in eine alte Industriehalle in Prenzlau. „Auch das war aber kein Luxus. Dort hat es durch das Dach geregnet“, erinnert er sich und lacht. „Damals haben wir auch alle noch nichts verdient.“ Nicht unüblich in einem Start-up.
Das Produkt musste erst einmal entwickelt und zur Marktreife gebracht werden. „Wir haben alles selbst gemacht“, sagt Paul. „Auch die Maschinen, die wir brauchten, haben wir selbst entwickelt.“ Dafür war ständiges Tüfteln, Experimentieren und Verbessern gefragt. Er und sein Team legten los, installierten schon bald die ersten Dächer und lernten dabei jeden Tag dazu. „Wir haben nun ein Produkt, das in diesem Jahr in der fünften Generation auf den Markt kommt.“
Heute sind in dem Unternehmen rund 80 Mitarbeitende beschäftigt – und undichte Dächer in Industriebrachen gehören längst der Vergangenheit an. „Es braucht auch einmal kreatives Chaos und Menschen, die ohne Angst und Bedenken einfach loslegen und gucken, was am Ende herauskommt“, sagt der Gründer mit Blick auf die erste Zeit. Rund 150 Dächer hat er selbst mitgedeckt. Und auch heute, als CTO, geht er noch gern hinauf in luftige Höhen. „Es ist immer ein bisschen Gipfelglück, aber es macht mir sehr viel Freude, unser Produkt in der Hand zu halten.“
Ähnlich wie Cornelius Paul steht auch Sebastian Tenkamp am Beginn einer Karriere, die von Neugier und Innovationsgeist getrieben ist. Der 25-jährige Maschinenbauer arbeitet in der Produktionsperformance beim Stahlbereich von Thyssenkrupp in Duisburg. „Ich mag es, mich immer wieder in neue Felder hineinzudenken“, sagt er.
Innovationen können ganz nah sein
Das Interesse an Technik und Innovationen treibt den Ingenieur an: „Ich habe es schon als Kind geliebt, Neues zu entdecken“, sagt er. Die Entscheidung für ein Maschinenbaustudium an der Universität Duisburg-Essen fiel ihm leicht. „Das ist mir ein bisschen in die Wiege gelegt worden.“ Sein Großvater war bereits als Schlosser im Kaltwalzwerk bei ThyssenKrupp tätig, sein Vater war im Personalwesen für den Bereich Eisenbahn und Häfen beim Unternehmen tätig.
Im Studium war Sebastian Tenkamp nicht gerade ein gewöhnlicher Student. „Über den Tellerrand blicken“, nennt er es, wenn er von einer Zeit spricht, in der er sich der Datenanalyse in der Kunststoffverarbeitung widmete, sich mit Rechnungswesen für kleine Unternehmen befasste, an einem Hackathon teilnahm und beim studentischen Verein E-Team Duisburg-Essen mitwirkte, um einen Rennwagen zu konstruieren.
Über die Suche nach Sponsoren für den Verein entstand der Kontakt zu Thyssenkrupp, den Sebastian Tenkamp durch ein Fachpraktikum und seine Bachelorarbeit vertiefte. „Ich habe gemerkt, dass mich das Thema Software sehr interessiert“, berichtet der Ingenieur. Er stellte fest, dass große Maschinen zwar beeindrucken können, aber Innovationen häufig nur einen Laptop entfernt liegen und schneller umzusetzen sind: „Werkzeuge kosten viel Geld, besonders für Studierende, aber für Software braucht man im Grunde nur einen Laptop.“
Jeden Tag etwas Neues lernen
Auch deshalb entschied sich der Duisburger in seinem Masterstudium für den Schwerpunkt Mechatronik, gefolgt von einer Zeit beim Start-up Volocopter in Karlsruhe, wo er an der Entwicklung von Flugtaxis tüftelte. „Doch ich habe den Kontakt zu Thyssenkrupp nie verloren.“ Zurück in Duisburg, taucht er nun tief in die Produktionsprozesse ein und unterstützt zwölf sogenannte Downstreamwerke, die Stahl im festen Zustand verarbeiten. „Mich interessiert es vor allem, wie ich Prozesse verbessern und vereinfachen kann.“
Der Ingenieur liebt es, in die Details der Software einzusteigen und sich weiter in das Thema hineinzufuchsen. „Ich mag die Arbeit sehr, weil ich jeden Tag etwas Neues lernen kann“, sagt er. Ob im Büro oder direkt vor Ort in den Werken – als Trainee und bald fest angestellter Mitarbeiter ist kein Tag wie der andere.
Wenn es Probleme bei einer Anlage gibt, treibt ihn die Frage nach dem Warum an: Warum fällt eine Anlage aus? Kündigt sich das vielleicht schon weit vorher in den Daten an? Warum steigt der Stromverbrauch einer Anlage im Leerlauf plötzlich? Wie könnte sie effizienter laufen? Wieso kommt es auf einmal zu Qualitätsverlusten?
Gemeinsam mit einem externen IT-Dienstleister, seinem Team und der internen IT knackt der Maschinenbauer das Rätsel der Daten aus den Anlagen. „Die Neugier treibt mich an und ich liebe es, dass meine Arbeit so vielseitig ist“, sagt der 25-Jährige. Und obwohl er seine Tätigkeit liebt, blickt er gespannt in die Zukunft. „Vielleicht übernehme ich in ein paar Jahren Führungsverantwortung“, sagt er. „Oder ich lasse mich selbst von meinem nächsten Schritt überraschen.“