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Studierende & ihre Blogs - Studieren mit einer chronischen Krankheit

Studierende & ihre Blogs - Studieren mit einer chronischen Krankheit

Für die meisten ist der Gang zur Uni ganz selbstverständlich. Für die Bloggerinnen Carina und Nadha-Marie mitunter nicht: Bei ihnen durchkreuzen Klinikaufenthalte immer mal wieder den Stundenplan. Denn sie gehören zu den rund elf Prozent der Studierenden, die an einer chronischen Krankheit leiden.

Mutig, mit jedem Atemzug

Carina ist 26 Jahre und studiert an der Universität Hamburg Psychologie im Master. Seit ihrer Geburt leidet sie an der Stoffwechselerkrankung Mukoviszidose, einem Gendefekt, der sich vor allem durch Beschwerden der oberen Atemwege und Verdauungsorgane bemerkbar macht. Mukoviszidose ist bisher nicht heilbar, aber Symptome wie Atemnot und die Verschleimung der Lunge können gelindert werden. Heißt für Carina: Neben Lernen und Lesen täglich inhalieren, Physiotherapie und zahlreiche Medikamente nehmen. Ewiges Prokrastinieren ist nicht. Strikte Routinen bestimmen ihren Alltag.

Foto: damnbrave.de

Leicht ist das nicht immer. „So manches Semester war ich verzweifelt, wie ich das alles schaffen soll“, sagt sie. „Ich hatte oft viele Fehlzeiten, war viel im Krankenhaus. Das ganze Studium ist sehr anstrengend und verlangt sehr viel Disziplin. Fragen, ob ich gerade Lust auf Uni oder Lernen hatte, stellte ich mir da kaum.“

So hat es Carina weit gebracht: Mittlerweile wohnt sie mit ihrem Freund zusammen und sitzt gerade an ihrer Masterarbeit. Darin geht es um Motivationspsychologie, einen Forschungszweig, der auch in Bezug auf ihre Krankheit stets eine wichtige Rolle spielt. Wie schafft man es, in extremen Situationen weiterzukämpfen? Mit welchen Techniken geht man über seine eigenen Grenzen hinaus?

Was sie beschäftigt, belastet, aber auch anspornt – darüber schreibt Carina auf ihrem Blog damnbrave.de. Den ersten Eintrag in das Online-Tagebuch verfasste sie als ihr bester Freund, der ebenfalls an Mukoviszidose litt, starb. „Chronische Krankheit ist für die Betroffenen so ein großer Part im Leben, in der Gesellschaft jedoch noch immer ein Tabuthema. Alle wollen immer perfekt und gesund sein.“ Was sie sich wünscht, ist mehr Offenheit und mehr Menschen, die sich trauen, auch mal zu fragen. „Klar, das Leben ist manchmal hart und kein Zuckerschlecken, aber trotzdem genauso schön und lebenswert.“

Wie es nach dem Studium weitergeht, weiß Carina noch nicht so genau. Vielleicht Selbstständigkeit, vielleicht Öffentlichkeitsarbeit. Die Krankheit erschwert es, weit im Voraus zu planen. Wenn man älter wird, wird eine Lungentransplantation irgendwann unausweichlich und viele Mukoviszidose-Kranke sind mit 35 bereits verrentet.

Trotzdem habe sie die Krankheit auch etwas Wichtiges gelehrt: Wie wenig doch materielle Dinge letztendlich zählen und wie kostbar die Freiheit ist, körperlich alles tun zu können, was man will. „Das früh zu erkennen, ist ein ganz großes Geschenk, weil man alles im Leben anders sieht, anders schätzt und viel intensiver genießt.“

Zimt & ein bisschen Chemo

Foto: zimtundeinbisschenchemo.de

Es ist ein furchtbares Szenario: Man hat eine Routineuntersuchung beim Arzt und bekommt die Diagnose Gehirntumor. So ist es Nadha-Marie vor rund fünfeinhalb Jahren ergangen. „Ich wurde damals komplett aus meinem Leben und Alltag herausgerissen, denn als Teenager hast du andere Sachen im Kopf als Krankenhaus und Tod“, erinnert sich die heute 21-Jährige.

Seitdem kämpft Nadha-Marie gegen den Krebs, ein ständiges Auf und Ab mit mehreren Rückfällen und Tiefs. Das Abitur schreibt sie vom Krankenhaus aus, heute studiert sie an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf Philosophie und Geschichte. Letztes Jahr, in ihrem ersten Semester, noch parallel zu Chemotherapie und Bestrahlung. „Ich war körperlich und geistig im Arsch. Jeder Tag fühlte sich an, als wäre man mit 30 km/h gegen eine Wand gedonnert. Studieren war da eher wenig möglich.“ Aktuell befindet sie sich in Remission, das heißt, es sind keine aktiven Tumorzellen mehr im Körper. Trotzdem lässt es Nadha-Marie noch etwas ruhig angehen, belegt weniger Kurse als ihre Kommilitonen, stresst sich nicht mit der Regelstudienzeit und holt einiges nach, was sie früher verpasst hat. Ausgehen, Daten, Reisen, Spaß haben in ihrer Mädels-WG.    

Foto: zimtundeinbisschenchemo.de

Neben Familie, Freunden und der Unterstützung seitens der Universität ist es vor allem ihr Blog zimtundeinbisschenchemo.de und der Austausch über Instagram und Facebook, der ihr hilft, das alles zu verarbeiten. Die Idee dazu entstand aus der Not heraus, als es mal wieder einen Rückfall gab und sie nicht mehr wusste, woher die Kraft zum Weiterkämpfen kommen sollte. Ihre Posts sind Hilfe für andere Betroffene und Eigentherapie in einem. Neben „Krebsstories“ findet man dort auch Rezepte, die Nahda-Marie während der Therapie gut vertragen hat. Vor allem Backen helfe, wenn sie zwischendurch mal wieder Wut auf die Krankheit und alles und jeden bekommt.

Von der Gesellschaft wünscht sie sich, nicht auf den Krebs reduziert zu werden, einen unverkrampfteren Umgang mit dem Thema Tod, mehr Offenheit und hier und da vielleicht ein Quäntchen Humor „Wenn ihr Fragen habt, fragt mich! Schließlich bin ich noch ich selbst – nur eben mit mehr Zellen.“

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