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Kolumne: Wenn Hass spricht

Durch Covid-19 spielt sich ein noch größerer Teil unserer Kommunikation im Digitalen ab. Nach über einem Jahr Pandemie ist klar: Es fehlt Nähe. Manches hingegen geht viel zu nah: Während Körperwärme fehlt, werden die Diskussionen hitzig – und nicht selten hasserfüllt.

Hate Speech hat in den letzten Monaten zugenommen und verstärkt die körperliche zwischenmenschliche Distanz noch um eine emotional gefühlte. Sagbar scheint dabei fast alles: Von rassistischen, sexistischen und homophoben Äußerungen bis hin zu Beleidigungen und Drohungen gegen einzelne Personen: Hass spricht.

Aber wenn Hass spricht, sind das dann nicht einfach nur Worte, vernachlässigbare Buchstabensuppen in einer Zeit echter körperlicher Bedrohung? Was uns die Pandemie gelehrt haben: Gesundheit ist nicht nur physisch. Einsamkeit, Isolation und ständige Gefahrenstimmung haben die Zeit seit letztem März zu einer psychischen Herausforderung gemacht.  Und wie ein Virus kann auch Hate Speech unsere Unversehrtheit bedrohen.

Judith Butlers, Philosophin und Professorin für Komparatistik und Rhetorik an der University of California, hat sich bereits 1997 in ihrem Buch „Hass spricht“ mit dem Zusammenhang von Sprache und Gewalt auseinandergesetzt. Denn Sprache, so Butler, beschreibt nicht nur, sondern ist performativ: Sie vollzieht, handelt, schafft Wirklichkeit. Wenn Hass also spricht, dann spricht er nicht nur – er vollzieht, handelt, schafft Wirklichkeit. Und zwar eine Wirklichkeit, in der Ausgrenzung und Abwertung anderer praktiziert und gelebt wird. Wie schaffen wir also eine Wirklichkeit, in der Hass keine Stimme hat und Netzwerke statt asozial sozial sind?

1.       Löschen lassen: Soziale Netzwerke sind seit 2017 dazu verpflichtet, offensichtlich strafbare Inhalte zu löschen. Zudem wird Betroffenen das Recht auf Auskunft über die Identität der Täter*innen eingeräumt, wodurch juristische Schritte möglich gemacht werden. Um Hass im Netz einzudämmen, kann also jede*r Einzelne mithelfen. Heißt: melden, melden, melden.

2.       Im Zweifelsfall: Die „No Hate Speech“-Bewegung, eine Kampagne des Europarats, stellt online nicht nur Wissen, Rat und Anlaufstellen gegen Hass im Netz zur Verfügung, sondern auch Memes als Konter. Denn um Hetze zu stoppen, braucht es Mut, Solidarität und eine gute Portion Humor.

3.       Empört euch: Der erste Schritt, um Hate Speech entgegenzutreten, ist die Empörung darüber zu spüren, dass andere Menschen abgewertet und ausgegrenzt werden. Der nächste Schritt ist das Handeln: Counter Speech, also Gegenrede, die hetzenden Beiträgen Kontra gibt. Da Gesetze gegen Hate Speech immer mit Risiken für die Meinungsfreiheit einhergehen, ist es umso wichtiger, die Problematik nicht von oben, sondern von unten anzugehen.

4.       Beistand holen: Wer wie ich beim Lesen von Facebook-Content schon mal das Mantra „Bloß nicht in die Kommentare gucken, bloß nicht in die Kommentare gucken…“ vor sich hingesungen hat, kennt das Gefühl: Hunderte von hetzenden Beiträgen, die in ihrer Masse den Eindruck vermitteln, Hass sei allgemeiner Konsens. Sich als Einzelne*r gegen diese Flut zu stellen, scheint zwecklos. Für diesen Fall gibt es jedoch Initiativen (z. B. die Facebook-Gruppe #ichbinhier), die solidarisch die Kommentarspalten zurückerobern.

Fazit: LIEB sein hilft.